Dresdener Beiträge zur Geschichte der Technikwissenschaften (2003), 28

Titel der Ausgabe 
Dresdener Beiträge zur Geschichte der Technikwissenschaften (2003), 28
Weiterer Titel 
Innovationsgeschichte der DDR

Erschienen
Erscheint 
ein bis zweimal im Jahr
ISBN
3-86005-380-9
Anzahl Seiten
130 S.
Preis
€ 4,50

 

Kontakt

Institution
Dresdener Beiträge zur Geschichte der Technikwissenschaften (DBGT)
Land
Deutschland
c/o
Redaktionsadresse: Uwe Fraunholz Technische Universität Dresden Philosophische Fakultät Lehrstuhl für Technik- und Technikwissenschaftsgeschichte D-01062 Dresden
Von
Pulla, Ralf

Der vorliegende Band der „Dresdener Beiträge zur Geschichte der Technikwissenschaften“ vereint fünf Aufsätze, deren leitende Fragestellungen vom Rahmenthema „Innovationsgeschichte der DDR“ bestimmt werden. Die Autoren erörtern mit unterschiedlichen methodischen Zugriffen Probleme des Entstehens, der Struktur und Blockade sowie des Transfers und des Scheiterns von Innovationen in einem Staat, der offenkundig einer wissenschaftlich-technisch orientierten Sozialutopie anhing und trotz begrenzter Ressourcen in der ersten Liga der Industrienationen mitzuspielen versuchte. Die Beiträge beleuchten dabei einerseits Branchen, die – wie Mikroelektronik und Biotechnologie – als Hoch- bzw. „Schlüsseltechnologie“ im Wettstreit der politischen Systeme galten, oder – wie die Chemie – massiv im Zentrum staatlicher Programme und Propaganda standen. Andererseits rückt mit der Verkehrstechnik, untersetzt durch Autobahnbau und Kraftfahrzeugtechnik, auch ein Thema in den Mittelpunkt, das zwar den Alltag in der DDR maßgeblich mitbestimmte, aber auf der Prioritätenliste der staatssozialistischen Technik- und Wirtschaftsplaner sehr weit hinten rangierte.

Einem prosopographisch-biographischen Ansatz verpflichtet fühlt sich Dolores Augustine. Eingebettet in die Biographie Werner Hartmanns schildert die Autorin die Anfänge der Dresdner Arbeitsstelle für Molekularelektronik (AME), die zu einer tragenden Säule der DDR-Mikroelektronikindustrie heranwuchs. Das Beispiel des parteilosen Wissenschaftlers und Industriemanagers Hartmann illustriert darüber hinaus, dass sich die 1960er Jahre einer durchgehend verfallsgeschichtlichen Interpretation von Technikentwicklung in der DDR entziehen.
Die Beiträge von Uwe Fraunholz und Manuel Schramm sind im Rahmen des BMBF-Forschungsverbundes „Innovationskultur in Deutschland“ entstanden. Beide Autoren untersuchen die Wechselwirkungen zwischen der Organisation des Hochschulsystems der DDR und dem wirtschaftspolitischen Generalkurs des Landes. Am Beispiel der Rolle der Hochschulen im Chemieprogramm der 1950er und 1960er Jahre zeigt Uwe Fraunholz, warum es trotz Profilbildung und Konzentration akademischer Ressourcen in der DDR nicht gelungen ist, eine international konkurrenzfähige Chemieindustrie aufzubauen.
Manuel Schramm relativiert im deutsch-deutschen Vergleich die Probleme beim Aufbau der Biotechnologie in der DDR. Durch Gegenüberstellung der Prozesse, einzelne Hochschulen – in diesem Fall die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bzw. die Technische Universität Braunschweig – zu nationalen biotechnologischen Zentren der DDR bzw. der Bundesrepublik Deutschland auszubauen, wird ersichtlich, warum trotz unterschiedlicher politischer Systeme in beiden Ländern Hochschulen nur eine geringe Rolle bei der Durchsetzung der Biotechnologie als Basisinnovation gespielt haben.
Der Aufsatz von Axel Doßmann beschäftigt sich mit Interessenkonstellationen und Praxis des Autobahnbaus in der DDR. Neben politischen Aspekten der Verkehrsplanung wird auch auf Facetten des Arbeitsalltags der Bauarbeiter, die Motivlage einzelner Akteure bzw. auf die Reflexion des Autobahnbaus in der DDR-Öffentlichkeit eingegangen. Seinen kulturgeschichtlichen Anspruch einlösend, zeigt der Autor, mit welchen rhetorischen Arabesken und technokratischen Ambitionen man in der DDR auf infrastruktur- und verkehrspolitische Herausforderungen reagierte.
Die Untersuchung von Innovationsprozessen in der DDR bliebe ohne die Darstellung von Mechanismen des Technologietransfers unvollständig. Peter Kirchberg berichtet in seinem Beitrag über das sich seit Beginn der 1970er Jahre zuspitzende Motoren-Dilemma der DDR-Automobilindustrie und die beabsichtigte Lösung durch den Import westlicher Technologie. Das Joint Venture mit der Volkswagen AG führte den DDR-Wirtschaftplanern jedoch ein-drucksvoll vor Augen, dass die strukturellen Schwächen der Branche nicht allein durch den Import einzelner Fertigungsstraßen zu beheben waren.

Inhaltsverzeichnis

Dolores L. Augustine: Werner Hartmann und der Aufbau der Mikroelektronikindustrie in der DDR (S. 3-32)

Uwe Fraunholz: Mobilisierung der „Produktivkraft Wissenschaft“? Die Hochschulen und das Chemieprogramm der DDR in den 1950er und 1960er Jahren (S. 33-70)

Manuel Schramm: Doppelhelix und triple helix. Biotechnologie an den Universitäten Halle und Braunschweig in den Jahren 1970 bis 2000 (S. 71-92)

Axel Doßmann: Im Takt von Partei und Maschinen? Planung, Technik und Praxis beim Autobahnbau
in der DDR nach 1961 (S. 93-117)

Peter Kirchberg: Die Implantation des VW-Motors in den DDR-Automobilbau. Ein Bericht zur Innovationsgeschichte der DDR
(S. 119-129)

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